Beethovens 4. und Nielsens 5. Symphonie
Blomstedt dirigiert Nielsen und Beethoven
Eine Beethoven-Symphonie sei wie eine Bibel für Orchestermusiker, meint der schwedisch-amerikanische Dirigent Herbert Blomstedt. Dies gilt sicher auch für die 4. Symphonie B-Dur op. 60. Häufig tritt sie in der Rezeption ein wenig hinter ihren »Geschwistern« wie der »Eroica«, der 5., der »Pastoralen« oder der monumentalen 9. Symphonie zurück. Für die kommenden Komponistengenerationen aber war sie sehr wohl von großer Bedeutung. Das Freie, Ungebundene, Offene dieses Werkes in zugleich klaren kompositorischen Konturen inspirierte zum Beispiel Felix Mendelssohn und Robert Schumann, der die »Vierte« einmal als die »griechisch, schlanke« unter Beethovens Symphonien bezeichnete.
Der dänische Komponist Carl Nielsen verwendete für seine Symphonie Nr. 5 op. 50 einen ähnlichen Orchesterklang wie Beethoven. Zur Entstehungszeit des Werkes Anfang der 1920er Jahre keineswegs selbstverständlich, verzichtete er auf großen Chor, opulente Riesenbesetzung oder Mahlersche, kuhglockengeschwängerte Naturschwärmerei. Aber aus diesem traditionellen Instrumentarium schuf Nielsen, der 2015 seinen 150. Geburtstag gefeiert hätte, ganz andere, weiterentwickelte, originelle Musik mit sehr modernen Momenten. Herbert Blomstedt tritt seit langem für den Dänen ein, der bis heute wesentlich weniger Achtung auf den internationalen Konzertpodien genießt wie seine Zeitgenossen Schostakowitsch oder Sibelius.
Herbert Blomstedt leitete am 12. Juni 2015 das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Ludwig van Beethovens 4. und Carl Nielsens 5. Symphonie. Im Herkulessaal der Münchner Residenz schlug der 88-jährige Dirigent mit seiner Interpretation voller Verve, Virilität und Elan das Publikum ausnahmslos in seinen Bann.
Fotocredit: BR/Martin U.K. Lengeman