Festivals DANCE | Ein Tanzstück von Anna Konjetzky
Über die Wut
„Wut ergreift und vergrößert den Körper“ – eine Choreografie, die diese Emotion erforscht und durchdringt
Diese Sendung ist ein Bezahlangebot
WUT steht in LED-Lettern über der Bühne, auf der die Tänzerin Sahra Huby sich aufpumpt, die Muskeln spielen lässt, den Mund aufreißt, die Brauen zusammenzieht, die Zähne fletscht. Wut ergreift und vergrößert den Körper; wir spucken Gift und Galle, wir kriegen Schaum vor dem Mund, die Wut raubt uns den Atem und nimmt Muskeln, Augen, Stimme in Besitz, verändert und verzerrt sie und lässt den Körper grotesk, bedrohlich, aggressiv, aber auch komisch und komödiantisch erscheinen – und so flackern hinter Sahra Huby wütende Promis und Politiker, aber auch Cartoons über die Wände.
In ihrem neuen Solo „Über die Wut“ erforscht Anna Konjetzky die Emotion als individuelles Gefühl und als einen von gesellschaftlichen Strukturen produzierten Zustand. Seziert und durchdekliniert wird ein ganzes Arsenal persönlicher, politischer und Pop-Kultur Gesten der Wut. Huby verlangsamt, fragmentiert, rhythmisiert, zerdehnt die Bewegungen, verleiht ihnen so unvermutet Schönheit und Eleganz, tritt gewissermaßen aus sich heraus und betrachtet sie wie unter einer Lupe, um im nächsten Moment wieder zu toben, auszubrechen.
Bilder von Revolte, Protest, Demonstration erscheinen, in die sich die Tänzerin hineinschreibt, sie anprobiert und sich zu eigen macht. Wut auch als konstruktive Kraft, als Motor und Antrieb gesellschaftlicher Veränderung. Iconische Gesten – die hochgereckte Faust der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, die überkreuzten Handgelenke, der Mittelfinger – künden vom Sturm auf ungerechte Verhältnisse, ein Angriff auf die Macht, auf bestehende Hierarchien und Strukturen. Doch sind wir wütend genug?.
„Über die Wut“ lässt einen Körper auf der Bühne nachdenken, ein Körper, der sich in Narrative ein- und wieder aus ihnen herausschreibt via Bewegung, via Bild, via Musik, via Text. Durch diese unterschiedlichen Mittel und Filter untersucht das Stück die Potentialität von Wut, und ganz im speziellen der weiblichen Wut. Wut als Werkzeug zur Veränderung, als ein Aufzeigen von Ungerechtigkeiten.
Huby ist auf dieser Bühne eine wütende Frau und so holt sie sich auch all jene zorningen Frauen aus Gegenwart und Vergangenheit als Zeuginnen an ihre Seite – von Klytemnästra über Jeanne d’Arc bis hin zu Rosa Parks und Audre Lorde. Mit ihnen zusammen stellt “Über die Wut” die Frage nach Veränderung, nach einem grundlegenden und radikalen Wandel.
Choreographie, Bühne: Anna Konjetzky // Tanz: Sahra Huby // Musik: Brendan Dougherthy // Kostüm: Michiel Keuper, Martin Sieweke // Video: Susanne Steinmassl // Licht, Bühne: Barbara Westernach // LED-Konstruktionen: Timm Burkhardt // Künstlerische Produktionsleitung: Rat & Tat Kulturbüro // PR: Simone Lutz
Eine Produktion von Anna Konjetzky & Co in Koproduktion mit den Münchner Kammerspielen und dem Festival DANCE München sowie dem LOT Theater Braunschweig. Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshaupt-stadt München und den Fonds Darstellende Künste. Mit freundlicher Unterstützung der fabrik Potsdam.