Ensemble intercontemporain
Tremplin de la création
Ein Sprungbrett für den kompositorischen Nachwuchs
Das Ensemble intercontemporain lädt ein, eine neue Generation von Komponisten zu entdecken. Mit seiner Reihe Tremplin de la création bietet es in der Philharmonie von Paris jungen Komponisten ein Sprungbrett. Und das Publikum erhält die Gelegenheit, neue Werke kennenzulernen. Acht neue Kompositionen kommen unter der Leitung von Toby Thatcher zur Aufführung, und ein weiteres neues Werk wird nach der Pause unter der Leitung von Sylvain Martin ausgeführt.
Als Reise zwischen zwei klanglichen Extremen versteht Matthew Schultheis seine Komposition »interferer«. Hektisch nervöse Virtuosität findet seinen Weg zu ruhigen weiträumigen Strukturen. Störend dazwischen drängt sich eine dritte Struktur. Sie gibt dem Stück den Titel und wird vom Donnerblech gespielt. Tom Bierton entwirft in »Loess« ein monochromatisches Gemälde der Steppe. Als Inspiration diente ihm das Sedimentgestein, das im Tertiär von den Gletschern zermahlen wurde und in der Steppe ein Netz sich wiederholender Muster malt. Beschworen wird das Bild eines wilden, kalten, trostlosen Landes, durch das Nomaden ziehen. Der Erinnerung widmet sich Lanqing Ding in »Élégie«. Ein Zimmer, ein Zug, eine Mahlzeit, ein Tier, eine Person – alles, was uns begleite, repräsentiere nur einen Moment unserer Existenz. »Aber diese Dinge hinterlassen dennoch Spuren, Erinnerungen, die ein Leben lang bleiben werden.«
Vom Parfum Straight to Heaven, das der 2020 verstorbene Abkömmling der Cognac-Familie Kilian Hennessy herausbrachte, ließ sich Jaehyuck Choi zu seiner gleichnamigen Komposition anregen. Der Duft entführe ihn an surreale Orte, wo ihn Illusionen von Geräuschen und Farben heimsuchten. Eine Melodie, die einer spontanen Improvisation gleicht, lässt Lisa Heute in ihrem Werk »Les souterrains de l’âme« durch die verschiedenen Klangfarben des Ensembles zirkulieren. Das Werk beschwört den obsessiven Wunsch, ein Universum zu bauen, dessen Zerstörung bereits programmiert ist, indem es eine rhythmische Leinwand schafft, die sich auflöst, wieder entsteht und sich ständig vorwärts bewegt. Den Doppelstein Albiréo im Sternbild des Schwan hatte Emmanuelle Da Costa für ihr gleichnamiges Werk vor Augen. Die Dualität veranschaulicht sie durch eine Dialektik zwischen Statischem und Schwebendem einerseits sowie Dynamischem und Pulsierendem andererseits. Resonanzen schaffen ein Farbenspiel und ein transparentes harmonisches Gewebe.
Der Spruch »Der Abgrund ruft nach dem Abgrund« aus dem Psalm 41 regte Manuela Guerra zu ihrer Arbeit »ABISSUM I« an. Darin beschreibt sie den Sturz eines Körpers ins unendliche Vergessen. Die zyklische Wiederkehr eines Elements im Bass signalisiert inmitten tiefer dunkler Klänge das Auftauchen eines immer tieferen Abgrunds. Am Ende steht das Verlangen nach Licht. »Jet d’eau«, das nach der Pause erklingt, wurde von Sylvain Marty für drei Ensembles in drei Räumen entworfen. Der Wasserstrahl ist für ihn ein Beispiel für eine Zustandsänderung während der Gestaltwerdung, wie sie der Mathematiker und Begründer der Katastrophentheorie René Thom beschreibt. Das Spiel der Kräfte gibt dem Auftauchen verschiedener musikalischer Situationen Raum.
Programm
Matthew Schultheis: »interferer« für 15 Instrumente
Tom Bierton: »Loess« für Kammerorchester
Lanqing Ding: »Élégie« für neun Instrumente
Jaehyuck Choi: »Straight to Heaven« für 15 Instrumente
Lisa Heute: »Les Souterrains de l’âme« für Ensemble
Emmanuelle Da Costa: »Albiréo« für 16 Instrumente*
Manuela Guerra: »Abissus« für 16 Instrumente
Pause
Sylvain Marty: »Jet d’eau« für drei Ensembles
Besetzung
Ensemble intercontemporain
Leitung: Toby Thatcher
Pause
Ensemble intercontemporain
Ensemble Intercon
Ensemble Multilatérale (Studierende am CNSMD de Lyon)
Leitung: Guillaume Bourgogne
Philharmonie de Paris am 11. März 2023