Bayerisches Staatsballett
Peter I. Tschaikowsky: Schwanensee
Ein Meilenstein der Ballettgeschichte in der gefeierten Version von Ray Barra
Schwanensee ist der Ballettklassiker und gleichermaßen das Ballettmysterium par excellence. Obwohl es keine „Originalversion“ gibt und man bezüglich der Überlieferung nicht von einem feststehenden choreographischen Text, von einer eindeutigen dramaturgischen Struktur sprechen kann, ist es die Petersburger Inszenierung von Marius Petipa und Lew Iwanow (1895), an der sich die meisten Choreographen orientieren und die bis heute in Neuinszenierungen nachwirkt. Die Vorstellungen von einer Gruppe von Tänzerinnen in Tutu, Schwanenfedern und Spitzenschuh ist mit beinahe jeder Schwanensee-Fassung untrennbar verwoben.
Ray Barra behält in seiner Version für das Bayerische Staatsballett, die er 1994/95 schuf, die große choreographische Überlieferung von Lew Iwanow bei. Dessen Komposition des zweiten Aktes wurde zu einem Meilenstein der Ballettgeschichte und zum Vorläufer all dessen, was man im 20. Jahrhundert abstraktes oder konzertantes Ballett nannte. Entscheidend für Barra war die psychologische Ausgangssituation, die ihn in der Tradition von John Cranko und Rudolf Nurejew zeigt: Prinz Siegfried ist bei ihm ein labiler junger Mann, der den politischen und gesellschaftlichen Ansprüchen, die seine Stellung von ihm verlangt, nicht entsprechen will. Er flüchtet in Traumwelten, in denen die Schwäne, die geliebte Odette, ihr böses Double Odile und der Zauberer Rotbart für ihn zu realen Gestalten werden, die ihn letztlich in den Tod treiben.