Symphonie Nr. 4 f-Moll
Andris Nelsons dirigiert Tschaikowski
Auf den ersten Blick folgt Tschaikowskis 4. Symphonie dem klassischen Muster: vier Sätze, der erste lang, mit einer getragenen Einleitung vor dem lebhaften, sonatenförmigen Hauptteil.
Die weiteren Sätze kürzer und übersichtlich: Canzona und Scherzo dreiteilig, das Finale ein Rondo. Auf den zweiten Blick allerdings erweist sich die Vierte als Seelendrama – das erste in der Folge der drei letzten großen Sinfonien von Tschaikowski.
Dabei steht die klassische Form dem musikalischen Bekenntnischarakter im Wege – wie gesellschaftliche Normen der Selbstverwirklichung des Einzelnen im Wege stehen. Erst in seiner sechsten und letzten Symphonie »Pathétique« verwarf Tschaikowski die klassischen Normen und erreichte Kongruenz zwischen seinem persönlichen Ausdrucksbedürfnis und der musikalischen Form.
Noch während Peter Tschaikowski in den Sommermonaten 1877 an seiner 4. Symphonie arbeitete, entschied er sich, das Werk Nadeschda von Meck zu widmen. Die Unternehmerwitwe tat sich als äußerst kunstsinnige und fachkundige Mäzenin hervor, wobei sie Tschaikowski am meisten begünstigte.
Gewandhausorchester Leipzig, Andris Nelsons
Tschaikowski: Symphonie Nr. 4 f-Moll, op. 36
Aus dem Gewandhaus zu Leipzig, Dezember 2019
Fotocredit: 3Sat/ZDF/MDR/ACCENTUS Music/Gert Mothes