Porträtfilm »MASUR – Mensch & Mythos
Lebensläufe: Kurt Masur
Sein Lieblingsessen war süßer Apfelreis mit Leber; es verrät den Schlesier Kurt Masur. Der Jahrhundert-Dirigent wurde in Brieg, dem heute polnischen Brzeg, geboren und geprägt. »Die Zuneigung der Schlesier, eine Art Urvertrauen« habe er zeitlebens im Herzen getragen und versucht, in der Zusammenarbeit mit den Spitzenorchestern der Welt auszuleben, erzählt Kurt Masur im Porträtfilm »MASUR – Mensch & Mythos«.
2007 begleitete ein Kamerateam den knapp 80-jährigen Masur auf eine Reise in seine schlesische Kindheit, wie er seiner Frau Tomoko Masur die Oder nahebringt, wo er einst schwimmen gelernt hat. Und vom Fenster der elterlichen Wohnung aus zusah, wie man beim jüdischen Nachbarn in der Pogromnacht die Fensterfront einschlug. In Breslau hörte er die Matthäus-Passion in der Elisabethkirche, ehe er in den Zweiten Weltkrieg zog.
Innig, privat und zugleich altersweise erzählt der Ehrendirigent des Gewandhausorchesters Leipzig von dramatischen Kriegserlebnissen, vom Unfalltod seiner zweiten Frau, die starb, als er am Steuer saß, vom unaufhaltsamen Aufstieg eines großartigen Musikers zu einem Weltstar am Dirigentenpult.
Sein Verhältnis zu Erich Honecker beschreibt er nüchtern als Win-Win-Situation. Die Dramatik des Wendeherbstes 1989 wird hochemotional nacherlebbar. Kurt Masur handelte seinerzeit mit Courage und Moral, weit entfernt davon, ein Politiker zu sein oder werden zu wollen. Aber eine »chinesische Lösung« für Leipzig schien möglich und war zu verhindern.
Seine Zeit in New York und Paris schildert er als erfüllende Abenteuer. Immer verknüpfen sich die große Geschichte, Familiäres und der Beruf untrennbar. »MASUR – Mensch & Mythos« ist ein Film, der keinen Dirigenten porträtiert, sondern einen Menschen, der Dirigent war. Der »Reisekönig der DDR«, der »Politiker wider Willen«, der »Dirigent ohne Dirigentenstab« starb 2015 mit 88 Jahren.
Fotocredit: MDR/Mario Gentzel