Duo Kermani-Gentili
Ursula Mamlok | Rückblick – in Erinnerung an die Reichspogromnacht 9. November 1938
Die Nacht, als Ursula Mamlok und ihre Eltern sich zur Flucht aus Deutschland entschlossen
Die Klarinettistin Kymia Kermani und die Pianistin Alba Gentili-Tedeschi spielen »Rückblick«, in dem Ursula Mamlok an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 erinnert. Ursula Mamlok wurde 1923 in Berlin als Ursula Meyer geboren und starb 2016 ebenda. Von ihren 83 Lebensjahren verbrachte sie jedoch 67 im Ausland und sagte über sich selber: »Nie hätte ich es für möglich gehalten, nach Berlin zurückzukehren.« Der Grund hierfür lässt sich am Titel des Werkes ablesen: »Rückblick, in Erinnerung an die Reichspogromnacht, 9. November 1938«. In dieser Nacht entschied sich ihre Familie zur Flucht nach Ecuador, jedoch wurde nicht allen Familienmitgliedern die Ausreise aus Deutschland gestattet. Ursulas Großeltern sollte das gleiche Schicksal zuteil werden, das die meisten jüdischen Menschen dieser Zeit traf.
Mit Hilfe eines Stipendiums zog Ursula im Alter von 17 Jahren allein von Ecuador nach New York. Dort studierte sie die Werke von Arnold Schönberg und Ernst Krenek sowie die Techniken der Wiener Schule, die sie modifizierte und in ihren eigenen Kompositionen adaptierte. Ihre Suite ist eine kontinuierliche Serie von Kontrasten. Sehr schnelle Tempi werden durch elegische Bögen konterkariert. Der Einstieg soll »mit Eile« gespielt werden, ähnlich einem Kind, das umherrennt, während es sich panikhaften Geräuschen ausgesetzt sieht, mit denen sich sein Ohr nicht anfreunden kann. Plötzlich werden die vielen Klangschichtungen ausgedünnt. Das Klavier ist nicht in der Lage, lange Töne auszuhalten, und es liegt nicht in seiner Natur, sich auf eine Note pro Hand zu beschränken. Dennoch baut sich mit jeden Ton eine Emotionalität auf, die über das reine Klangerlebnis hinausgeht und spürbar werden lässt: Das Skelett dieser Partitur ist genauso massiv wie der Schmerz, der das für einen Menschen ertragbare Maß übersteigt.
Die Klarinettistin Kymia Kermani und die Pianistin Alba Gentili-Tedeschi lernten einander 2012 in Berlin kennen. Seitdem veröffentlichte das Duo zwei Alben und war europaweit auf Tournee, zuletzt in den Niederlanden, der Schweiz, Italien, Großbritannien, Norwegen, Deutschland und Österreich. Die beiden Musikerinnen teilen eine Begeisterung für anspruchsvolle Zusammenarbeiten und innovative Programmgestaltung. Kürzlich wurde ihr neues Album »Invocation« veröffentlicht, das Weltersteinspielungen europäischer Komponistinnen von der Romantik bis zur Gegenwart präsentiert.