ORF-Reihe Musikkolloquium
Michael Heltau | Herzensstimmen
Michael Heltau erinnert sich an Elisabeth Schwarzkopf und andere große Stimmen seines Lebens
Die Herzensstimmen seines bald 90 Jahre umfassenden Lebens sind es, an denen Michael Heltau teilhaben lassen will: Herzensstimmen, das bedeutet freilich nicht nur die Bühnenkunst dieser zumeist auch persönlichen Freundinnen und Freunde aus Oper und Theater, die in Aufnahmen und Mitschnitten konserviert wurde, sondern es umfasst jeweils unweigerlich die ganzen Menschen. Mit Nostalgie, das betont Michael Heltau, habe das jedoch nichts zu tun: Auch vor manchen Schwächen verschließt der Liebende nämlich nicht die Ohren. Und den lebendigen, immer wieder aufs Neue angestellten Vergleich der Gegenwart mit der Vergangenheit, den hat der einstige Student des Max-Reinhardt-Seminars schon seinerzeit am Opernstehplatz ebenso kennengelernt wie in Josefstadt und Burgtheater.
Irmgard Seefried, Sena Jurinac, Christa Ludwig, aber auch Paula Wessely – vor allem jedoch und immer wieder Elisabeth Schwarzkopf, die er auf eine Weise kennengelernt hat, als wäre die Szene einer Billy-Wilder-Komödie Realität geworden: Michael Heltau ordnet sie alle ein in den ewigen Stafettenlauf der Kunst, er weist hin auf Vorgängerinnen wie Maria Reining und Fritzi Massary – und weiß auch genau, wo die Traditionen sich auf der Opernbühne heute noch fortsetzen. »Man muss wissen, wo man tanken kann«, sagt er: Die Kenntnis der Großen davor ist es erst, die einen selbst wachsen lässt zur besten eigenen Möglichkeit. Er berichtet vom Phänomen der Herkunft aus eher einfachen Verhältnissen der Genannten (»Geld verdirbt die Fantasie!«), von ihrem Misstrauen gegen das Wort wie das Konzept »Karriere« – und zumal von Elisabeth Schwarzkopfs rigoroser Selbstkritik.
Teilhaben lassen heißt beim ebenso präzisen wie humorvollen Erinnerer und fesselnden Erzähler Michael Heltau vor allem auch: Leben einhauchen. Dass der Ton die Musik macht, das ist in diesem faszinierenden Kaleidoskop von Stimmen und Stimmungen bei weitem nicht nur im Gesang hörbar.
Gestaltet von Walter Weidringer
Fotocredit: Sergi Pons / ORF