Gürzenich-Orchester Köln | Antoine Tamestit
Livestream aus der Kölner Philharmonie: „Seelensaiten“ mit Werken von Feldman, Janáček und Strauss
Der französische Bratschist Antoine Tamestit zeigt mit dunkel-samtigen Ton, was alles in seinem Instrument steckt
Als der französische Bratschist Antoine Tamestit im März 2020 mit „Harold en Italie“ von Hector Berlioz das Publikum in atemloses Staunen versetzte, konnte noch keiner ahnen, dass dieses Konzert das letzte des Gürzenich-Orchesters vor der Corona-Pandemie sein würde. Nun kommt Antoine Tamestit zurück und zeigt erneut, was in der zu Unrecht oft im Schatten der Violine stehenden Bratsche alles steckt. Mit ihrem dunkel-samtigen Ton verführte sie auch den amerikanischen Komponisten Morton Feldman, der ihr einen vierteiligen Kompositionszyklus widmete. Nicht pralle Opulenz ist hier das Programm, sondern Klänge am Rande des noch Hörbaren. „The Viola in my Life“ webt magische Traumwelten und feiert die Macht der Stille.
Sehr direkt hingegen ist die Tonsprache in Richard Strauss’ großer sinfonischer Dichtung „Ein Heldenleben“. Wer ist dieser Held, dessen Ruhmeslauf uns da mit all seinen Kämpfen, Glücksmomenten und schließlich einer prunkenden Apotheose in Breitwand-Opulenz geschildert wird? Am Ende gar der Komponist selbst? Kritiker vermuteten das nach der Uraufführung. Strauss, dem es an Selbstbewusstsein nicht gerade mangelte, widersprach nicht.
Stiller und introvertierter gibt sich der tschechische Klangzauberer Leoš Janáček. Auch in seinem Orchesterstück „Des Spielmanns Kind“ geht es um einen Helden. Allerdings um einen, der Armut und Elend des Erdendaseins erdulden muss und erst im Tod Frieden findet.
Programm
LEOŠ JANÁČEK
Des Spielmanns Kind (1912)
MORTON FELDMAN
The Viola in my Life IV (1971)
RICHARD STRAUSS
Ein Heldenleben op. 40 (1898)
Besetzung
Antoine Tamestit, Viola
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth, Dirigent