Bayerische Staatsoper
Giuditta
Lehárs rauschhafte Operette in einer Fassung von Christoph Marthaler und Malte Ubenauf
„Giuditta“ sollte Franz Lehárs Eintrittskarte in die Welt der Oper sein: Uraufgeführt wurde seine „Spieloper“ oder auch „Musikalische Komödie“ im Januar 1934. Musikalisch opulent inszeniert wurde seine letzte Operette „Giuditta“ enthusiastisch gefeiert. 120 Rundfunkstationen waren laut zeitgenössischen Quellen an der weltweiten Übertragung 1934 beteiligt.
Erstaunlich zwitterhaft ist Giudittas musikalische Gestalt: Rauschhafte Melodien und Anleihen an den von Lehár verehrten Puccini und dessen tragisch liebende Figuren stehen neben operettenhafter Unverfänglichkeit. Heute kennt man nur die berühmten Schlager „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ und „Freunde, das Leben ist lebenswert“. Doch das Ende der Handlung ist keineswegs heiter: Das Liebespaar Giuditta und Octavio gehen resigniert getrennte Wege. Hauptmann Octavio bleibt als gescheiterter Mann einsam zurück. Die „musikalische Komödie“ steht so nur scheinbar im krassen Kontrast zur gesellschaftlichen Gegenwart des aufkommenden Krieges, den 1930er-Jahren.
Der für seine launisch-schönen Theaterabende bekannte Regisseur Christoph Marthaler greift die Ambivalenz der Figuren von Lehár auf, die zwischen Opulenz und Resignation, zwischen Euphorie und Abgrund schwanken. Orchestermusiken von Béla Bartók, Erich Korngold oder Dmitri Schostakowitsch, Lieder von Viktor Ullmann, Hanns Eisler oder Alban Berg sowie Auszüge aus „Sladek oder Die Schwarze Armee“ von Ödon von Horváth stellen Léhars Operette radikal in den Kontext seiner Entstehungszeit. „Giuditta“ in der Fassung von Christoph Marthaler erzählt eine Liebesgeschichte innerhalb der Wirrungen und Irrungen jener Zeit.
Fotocredit: Wilfried Hösl